Horror-Crash! Wurde Trend-Droge konsumiert?
Hatten die Insassen eines Opel-Corsa im Drogenrausch einen Unfall verursacht? Diese Frage muss die Polizei aktuell aufklären. Im Verdacht steht der Konsum einer Trend-Droge: Lachgas-Kartuschen der Marke „Exotic Whip“ wurden im Unfall-Fahrzeug gefunden.
Was war passiert?
Samstag gegen 22:30 Uhr verliert der 19-jährige Fahrer in der Rathausstrasse die Kontrolle über sein Auto, schleudert mit überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Betonpfosten – der Opel Corsa wurde bei dem Aufprall frontal komplett zerstört. Die Feuerwehr musste den schwerverletzten Beifahrer aus dem Fahrzeug herausschneiden, um ihn zu befreien. Auch der zweite Insasse kam schwer verletzt ins Krankenhaus. Der Fahrer wurde leicht verletzt.
Schon vor dem Horror-Crash bemerkten weitere Autofahrer eine auffällige Fahrweise, die wohl auf Drogenrausch zurückzuführen ist: Der Fahrer kam immer wieder in den Gegenverkehr, fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Ortschaft.
Als die Beamten im Fahrzeug mehrere Kartuschen der Lachgas-Droge finden, erhärtet sich der Verdacht gegen den Fahrer. Eine Blutprobe wurde veranlasst und der Führerschein sichergestellt.
Was ist die Trend-Droge „Exotic Whip“?
In Online-Shops wird das Lachgas trendig beworben mit unbeschwerten Freizeit-Spass-Fotos und mit mehreren Geschmacksrichtungen angeboten: Mango, Pfirsich, Erdbeer. Ein Zylinder enthält 640 Gramm N20.
Die Schweizerische Koordinationsstelle Sucht stellt einen aktuellen Trend in Europa fest: „Aktuell geniesst Lachgas bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15-25 Jahren eine gewisse Popularität. In Europa wird Lachgas seit den 1990er-Jahren in regelmässigen Abständen als Freizeitdroge missbraucht. In der Technoszene wurde zu dieser Zeit eine erste Konsumwelle beobachtet. Der derzeitige Konsum von Lachgas unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in verschiedenen Ländern Europas ist besorgniserregend und sowohl dessen Verkauf als auch der Konsum wurden vielerorts verboten.“
So informiert die schweizerische Gesundheits-Behörde in einem kürzlich erschienenen Faltblatt an Fachpersonen im Kontakt mit Konsumierenden.
Der Hersteller des Gases hingegen warnt recht versteckt im Kleingedruckten auf einer Unterseite im Online-Shop: „Distickstoffmonoxid ist ein Gas, das nach dem Einatmen ein angenehmes Gefühl des Wohlbefindens und eine leichte Euphorie, zwischendurch Halluzinationen und bei manchen Menschen eine schmerzlindernde und sedierende Wirkung hervorrufen kann.“
Etwa zwei bis fünf Minuten halten die Sofortwirkungen an: Gefühle der Euphorie, ruhige Entspannung, Taubheitsgefühl im Körper (Distickstoffmonoxid wirkt beim Einatmen wie ein Beruhigungsmittel für das zentrale Nervensystem), Kribbeln in Händen und Füßen, Verschwommene Sicht, Klangverzerrungen, Schwitzen, Introspektion, Hirn- und Organschäden (wenn N2O in der Atemluft 90 % übersteigt), Bewusstlosigkeit wegen Sauerstoffmangel (wenn der Anteil des eingeatmeten N2O im Verhältnis zum Sauerstoff zu hoch ist), Tod durch Stillstand der Atemfunktionen oder durch Ersticken.
Es ist möglich, dass bei chronisch Konsumierenden eine ausgeprägte psychische Abhängigkeit entsteht, die insbesondere wegen des Gewöhnungseffekts zu einer erheblichen Dosissteigerung führen kann.
Wie gefährlich ist Lachgas?
Aufgrund der kurzen Wirkung von Lachgas und der leichten Erhältlichkeit in Supermärkten werden die Konsumrisiken oft unterschätzt. Die Konsumierenden füllen einen Luftballon mit dem Inhalt der Flasche oder der Kapsel und inhalieren dann das Lachgas aus dem Ballon.
In der Schweiz erlangte ein Todesfall mediale Aufmerksamkeit. Im November 2021 ereignete sich auf der Autobahn A2 bei Arisdorf ein tödlicher Verkehrsunfall – die Insassen und der Fahrer hatten einige Minuten zuvor Lachgas konsumiert.
In den Niederlanden und in Frankreich kam es in den letzten Jahren zu einigen Todesfällen, die in Zusammenhang mit dem Konsum von Lachgas stehen, insbesondere bei Verkehrsunfällen.
So ist der Lachgas-Konsum in Europa bereits geregelt
In Belgien soll der Gelegenheits- oder Neugierkonsum unter jungen Erwachsenen verbreitet sein – seit Februar 2022 ist der Verkauf von sogenannten Rahmkapseln an Minderjährige in einigen Städten Belgiens verboten und der Konsum als Freizeitdroge sowie der Besitz kann mit einem Bussgeld bestraft werden. Ausserdem besteht neu die Pflicht, auf jedem Behälter auf die Gefährlichkeit des Produkts hinzuweisen.
In Frankreich ist seit Juni 2021 der Verkauf von Lachgas an Minderjährige verboten – auch im Internet. Das Verbot des Verkaufs in Getränke- und Tabakgeschäften gilt auch für volljährige Personen. Darüber hinaus ist es untersagt, Produkte zu verkaufen, die die Extraktion von Lachgas erleichtern.
In den Niederlanden betrifft der Anstieg des Konsums die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen, eine Altersgruppe, in der das Bewusstsein für die Risiken eines längeren oder intensiven Gebrauchs von Lachgas gering ist. Zudem begeben sich Personen beim Auftreten von Nebenwirkungen erst spät in medizinische Behandlung.
In der Schweiz untersteht Lachgas nicht dem Betäubungsmittelgesetz, sondern ist je nach Verwendungszweck in verschiedenen Bestimmungen geregelt. Privatpersonen-Vermarktung, Verkauf und Konsum sind im Chemikaliengesetz (ChemG) und in der Chemikalienverordnung (ChemV) geregelt, die sich auf die EU-CLP-Verordnung bezieht, insbesondere bezüglich der Kennzeichnung, Verpackung und Einstufung des Produkts. Gemäss diesen gesetzlichen Grundlagen ist der Verkauf von Lachgas, z. B. in Bars oder Clubs, für den Freizeitkonsum bereits heute nicht erlaubt.
Deutsche Behörden haben die Gefährlichkeit der Trend-Droge im Europa-Vergleich anscheinend noch nicht erkannt: Lachgas fällt weder unter das Betäubungsmittelgesetz noch unter das Arzneimittelgesetz oder das Gesetz für neue psychoaktive Stoffe. Medizinisches Lachgas hingegen unterliegt dem Arzneimittelgesetz.
Quelle: Infodrog.ch / Exotic-Whip.com